Der Interessenverband wurde von farbfehlsichtigen Fußballfans gegründet, die immer wieder Probleme beim Verfolgen von Fußballspielen haben. Der IFFarb möchte deshalb einen Regelvorschlag zur Gestaltung und zum Einsatz von Trikots im Spielbetrieb machen basierend auf der Logik „Hell gegen Dunkel“.
Notwendigkeit des Regelvorschlags
Ein signifikanter Teil der Partien in den beiden Bundesligen ist für mindestens eine Form von einer Farbfehlsichtigkeit problematisch. Während die klassisch bekannte Rot gegen Grün-Problematik zwar immer noch, wenn auch selten vorkommt, sind es andere Farbkombinationen, die Farbsehschwachen und Farbenblinden ähnliche Probleme bereiten. Hierzu zählen die Kombinationen Rot gegen Schwarz, Gelb gegen Grün, Grün gegen Grau und generell alle Trikotkombinationen, die einen ähnliche Helligkeit aufweisen.
Ziele des Interessenverbands
Der Interessenverband hat als allgemeines Ziel „Inklusivere Lösungen für Farbsehschwache, Farbenblinde und Normalfarbsichtige zu erarbeiten“. In diesem Rahmen wurden drei Regeln zum Farbsehschwäche-gerechten Gestalten erarbeitet. Neben der universellen Anwendbarkeit sollen die Regeln für alle Varianten von Farbsinnstörungen eine Verbesserung bieten und auch für Normalsichtige keinen Nachteil darstellen.
Aus diesen generellen Regeln hat der Interessenverband im Folgenden einen Regelvorschlag erarbeitet, der die vorgenannten Bedingungen erfüllt. Grundlage bildet die zweite Regel „Helligkeitskontrast statt Farbkontrast“, also die Verwendung von Farbkombinationen, die sich in Ihrer Helligkeit ausreichend voneinander unterscheiden. Da die Helligkeitswahrnehmung im menschlichen Auge unabhängig von der Farbwahrnehmung funktioniert, kann über einen Helligkeitskontrast immer eine ausreichende Differenzierungsmöglichkeit für Farbfehlsichtige und Normalsichtige geschaffen werden.
Dem Verband ist es darüber hinaus wichtig zu betonen, dass keine Änderung von Club- bzw. Vereinsfarben gefordert wird.
Die Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft (BBAG) hat sich ebenfalls dieser Problematik angenommen und unterstützt den IFFarb bei seiner Mission. Im Zuge dieser Unterstützung hat sie ein Positionspapier veröffentlicht. Der Interessenverband ist gleichzeitig Mitglied in der BBAG.
Beispiele für Regeln aus anderen Mannschaftssportarten
Positive Beispiele für Trikotregeln existieren schon. Wichtig ist es, hier auf Mannschaftssportarten zu schauen, bei denen es Interaktionen zwischen zwei Teams auf dem kompletten Spielfeld gibt, wie z.B. beim Basketball, Eishockey, American Football und Handball. Allen positiven Beispielen ist gemein, dass diese sich auf die Logik „Hell gegen Dunkel“ reduzieren lassen.
Basketball
Exemplarisch für die Trikotregeln im Basketball kann die Spielordnung der BBL (Basketball Bundesliga) herangezogen werden. Die Spielkleidung ist hier in Kapitel 6 geregelt:
Für Menschen mit Farbsinnstörung problematische Trikotkombinationen sind die absolute Ausnahme. Im internationalen Basketball und in der NBA (National Basketball Association) existieren ähnliche Regeln, wobei in dieser bis vor wenigen Jahren weiße bzw. gelbe Trikots verpflichtend für Heimmannschaften vorgeschrieben waren.
Eishockey
Beim Eishockey kommen mehrere Regelwerke zum Einsatz. Während der Internationale Verband IIHF nur einen „ausreichenden Kontrast zwischen Heim- und Auswärtstrikot“ (Quelle: IIHF Official Rulebook; Section 04, Rule 9) fordert, spezifiziert die DEL (Deutsche Eishockey Liga) diese in ihren Richtlinien wie folgt in § 3 Ziffer 7 (Richtline nicht öffentlich, liegt dem Verband aber vor):
Die Richtlinien für die DEL 2 haben ähnliche Kriterien in Teil A, §10 formuliert:
Problematische Trikotkombinationen bei Eishockeyspielen sind dem Verband nicht bekannt. Dies ist insbesondere hervorzuheben, da Eishockey eine der schnellsten und dynamischsten Mannschaftssportarten ist und damit eine schnelle Differenzierung der unterschiedlichen Mannschaften erfordert.
Regelvorschlag zu Gestaltung und Einsatz von Spielbekleidung
Ausgehend von der grundsätzlichen Gestaltungsregel „Helligkeitskontrast statt Farbkontrast“ und den vorgenannten positiven Beispielen schlägt der Verband folgende Regeln zur Gestaltung von Fußballtrikots und zur Auswahl der entsprechenden Trikotsätze im Spielbetrieb vor:
Jeder Club muss mindestens einen eindeutig hellen und einen eindeutig dunklen Trikotsatz haben. Jeder weitere Trikotsatz muss auch als eindeutig hell oder eindeutig dunkel klassifizierbar sein.
Eindeutig hell ist eine Trikotfarbe, wenn sie zu Schwarz (RGB #000000, RAL 9005) einen höheren Kontrast hat als zu Weiß (RGB #FFFFFF, RAL 9003 bzw. RAL 9016).
Eindeutig dunkel ist eine Trikotfarbe, wenn sie zu Weiß (RGB #FFFFFF, RAL 9003 bzw. RAL 9016) einen höheren Kontrast hat als zu Schwarz (RGB #000000, RAL 9005).
Mindestens 80% der Trikotgrundfläche (ohne Beschriftung und Sponsoren- und Ligalogos) müssen diese Bedingung erfüllen.
Nadelstreifen, Ton in Ton, Faux-Uni und Feinmuster sind erlaubt und zählen als eine Fläche
Grobmuster in dunkel-dunkel bzw. in hell-hell sind erlaubt. Bei Grobmustern dunkel-hell muss eine der beiden Farben 80% der Grundfläche bedecken.
Front und Rückenfläche müssen im Typ Hell oder Dunkel gleichartig sein.
Großflächige Hell-Dunkel-Kontrastapplikationen im Schulterbereich sind nicht erlaubt.
Hosen dürfen sich von der Trikotfarbe unterscheiden, müssen aber für sich ebenfalls 80% der Grundfläche in einer eindeutig hellen oder eindeutig dunklen Grundfarbe gestaltet sein.
Kontrastelemente dürfen nicht im Bereich der Rückenbeschriftung angebracht werden.
Die Trikotbeschriftung (Club, Spielerinnen- bzw. Spielernamen und Rückennummern) müssen sich im Kontrast ausreichend von der Trikotgrundfläche unterscheiden.
Die Kombination dunkles Trikot/dunkle Schrift und helles Trikot/helle Schrift ist nicht erlaubt.
Bei dunklen Trikots ist generell eine helle Beschriftung in Weiß oder Gelb zu bevorzugen.
Das Heimteam hat das Recht auf die Trikotwahl. Die Trikotwahl des Auswärtsteams muss sich im Typ Hell oder Dunkel vom Heimteam unterscheiden. Die invertierte Farbkombination von Trikot und Hosen (z.B. weißes Trikot mit roten Hosen gegen rotes Trikot mit weißen Hosen) ist nicht erlaubt. Die Hosen des Auswärtsteams müssen sich mindestens im Farbton unterscheiden.
Fazit
Die vorgeschlagenen Regeln bringen für alle Menschen, die von einer Farbsinnstörung betroffen sind, signifikante Vorteile. Normalsichtige haben keine Nachteile durch diese Regel. Im Gegenteil: Unter schlechten Licht- oder Sichtbedingungen, sind die Teams besser voneinander zu unterscheiden. Beispiele hierfür sind Pyrotechnikrauch, Nebel, tiefstehende Sonne, Teilverschattung des Spielfeldes und schlechte Beleuchtungsanlagen. Das Spielgeschehen ist durch die Anwendung der vorgeschlagenen Regeln für alle generell besser und schneller zu erfassen. Dies gilt sowohl vor Ort im Stadion als auch an den Endgeräten.
Innoffiziell hat es diese Regeln schon früher gegeben. Zu Zeiten des Schwarz-Weiß-Fernsehen waren hohe Helligkeitskontraste nötig, um die Teams in diesem zu unterscheiden.
Auch anderweitig Sehbehinderte haben durch diese Regeln Vorteile, da sie den Kontrast zwischen den Mannschaften erhöhen und diese auch mit einer eingeschränkten Sehfähigkeit besser zu unterscheiden sind.
Im Fokus steht vor allem das Trikot der Mannschaften, da dies flächenmäßig den höchsten Anteil hat. Auch hat sich beim Eishockey gezeigt, dass auf eine Ausweitung der Farbregeln auf die Hosen verzichtet werden kann. Beim Basketball sind gleichfarbige Hosen zu den Trikots üblich.
Die Einhaltung der vorgenannten Regeln lässt sich jetzt schon mit den meisten aktuellen Trikotsätzen verwirklichen. Auch im internationalen Spielbetrieb unter UEFA und FIFA werden zumindest bei Turnieren die Trikotsätze zu den jeweiligen Spielpaarungen vorgeschrieben. Probleme sind seltener als im deutschen Ligabetrieb, aber treten dennoch auf.
Der Interessenverband empfiehlt jedem Club, eine Trikotvariante in Weiß oder Gelb zu haben, da diese beiden Farben zu anderen Trikotfarben von Natur aus einen hohen Kontrast zu den meisten anderen Farben bieten. Aktuell trifft das auf einen sehr großen Anteil der Clubs der beiden Bundesligen zu.