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Bundesliga-Spielball auf einem Fußballplatz. Foto: unsplash.com / Tobias Rehbein

Weiterhin mehr als jedes dritte Bundesliga-Spiel für Farbenblinde problematisch

Farbenblinde Fußballfans werden regelmäßig mit Problemen beim Fußballgucken konfrontiert: In der vergangenen Bundesliga-Saison war im Schnitt mehr als jede dritte Partie für sie problematisch. Das ist das Ergebnis einer Analyse, die der IFFarb durchgeführt hat. Zuvor wurde die Spielzeit vor zwei Jahren genauer untersucht.

Die Analyse zeigt, dass die Problematik für Farbfehlsichtige in der Saison 2023/24 im Vergleich zu vor zwei Jahren zugenommen hat. In der Bundesliga waren 46 Prozent der Spiele für Farbfehlsichtige problematisch, 40 Prozent dieser Spiele wiesen eine hohe Problematik auf. Zum Vergleich: 2021/22 waren 41,8 Prozent der Spiele problematisch (34,3 Prozent hohe Problematik). Insbesondere fehlende Kontraste zwischen den Trikotfarben der Mannschaften (z.B. dunkel gegen dunkel oder hell gegen hell) erschwerten bzw. verhinderten das Verfolgen des Spielgeschehens für farbfehlsichtige Zuschauende.

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Foto: Screenshot bundesliga.com / DFL

Beispiel einer problematischen Partie in der Bundesliga, 3. Spieltag: Werder Bremen (grün/weiß) empfängt Mainz 05 (rot/weiß).

In der 2. Bundesliga zeigte sich ein ähnliches Bild: 38 Prozent der Spiele wiesen Konfliktpotenzial auf (28 Prozent hoch), 2021/22 waren es 36,3 Prozent (30,1 Prozent hoch). Hauptursache war auch hier der mangelnde Kontrast der Trikotfarben.

Tortendiagramm der für Farbfehlsichtige problematischen Spiele der Bundesliga in der Spielzeit 2023/24.

Tortendiagramm der für Farbfehlsichtige problematischen Spiele der 2. Bundesliga in der Spielzeit 2023/24.

Darmstadt und Hamburg am häufigsten betroffen

Am häufigsten betroffen waren der damalige Erstligist Darmstadt 98 (28 Partien) in der Bundesliga und der Hamburger SV (21 Partien) in der 2. Bundesliga. Besonders auffällig ist bei einigen Teams die Diskrepanz zwischen problematischen Heimspielen und Auswärtsspielen. So traten zum Beispiel bei Werder Bremen 14 der betroffenen 18 Partien alleine im heimischen Weserstadion auf und beim Meister aus Leverkusen waren nur die Auswärtspartien problematisch.

Die wenigsten Probleme hatten Fans und Zuschauende bei Spielen von Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart (je 9 Partien) in der Bundesliga und vom SV Elversberg und dem "Club" aus Nürnberg (je 5 Partien) in der 2. Bundesliga.

Team Bundesliga Betroffene Partien Heim Auswärts Team 2. Bundesliga Betroffene Partien Heim Auswärts
Eintracht Frankfurt 9 2 7 SV Elversberg 5 1 4
RB Leipzig 9 2 7 1. FC Nürnberg 5 3 5
VfB Stuttgart 9 2 7 FC St. Pauli 7 2 5
Borussia Mönchengladbach 10 3 7 SpVgg Greuther Fürth 9 1 8
FC Augsburg 11 2 9 1. FC Magdeburg 9 1 8
Bayer 04 Leverkusen 11 0 11 VfL Osnabrück 9 4 5
1. FC Köln 12 5 7 Eintracht Braunschweig 10 2 8
TSG Hoffenheim 13 6 7 SV Wehen Wiesbaden 10 5 5
1. FC Heidenheim 1846 14 6 8 Hertha BSC 12 1 11
VfL Wolfsburg 17 8 9 1. FC Kaiserslautern 13 8 5
VfL Bochum 1848 18 5 13 SC Paderborn 07 13 6 7
SV Werder Bremen 18 14 4 Hannover 96 15 8 7
Borussia Dortmund 21 14 7 FC Schalke 04 16 11 5
1. FSV Mainz 05 21 14 7 Karlsruher SC 18 12 6
FC Bayern München 21 14 7 Holstein Kiel 18 8 10
1. FC Union Berlin 22 13 9 F.C. Hansa Rostock 18 13 5
SC Freiburg 23 16 7 Fortuna Düsseldorf 20 15 5
SV Darmstadt 98 28 17 11 Hamburger SV 21 14 7
Jahn Regensburg 2 1 1
Teams und die Anzahl betroffener Partien, unterteilt nach Gesamtzahl, sowie Heim- und Auswärtsspiel.

Erneuter Trikotwechsel beim SC Freiburg

Positiv trat erneut der SC Freiburg beim Thema Farbsehschwäche in Erscheinung: Im Derby gegen den VfB Stuttgart verzichteten die Breisgauer auf das gewohnte rote Heimtrikot und spielten in Weiß. Der Grund: Die Gäste trugen an diesem Tag ihr grünes Auswärtstrikot. Eine rot-grüne Trikotkombination hätte Probleme für Fans im Stadion, Zuschauende vorm Fernseher und Beteiligte auf dem Rasen wie Lukas Kübler bereitet.

Während Christian Streich schon im Rahmen der Spieltagspressekonferenz über seine Erfahrungen als Jugendtrainer mit farbfehlsichtigen Fußballern sprach, teilte Kübler einige Monate später seine Herausforderungen als rot-grün-schwacher Profi.

Gegenüber der Süddeutschen berichtete er, dass es bei ihm bei Rot gegen Grün extrem sei aber auch nahe beieinander liegende Farben nicht gut zu unterscheiden seien. "Gerade im Spiel ist es schwierig, wenn alles schnell geht", führte er aus.

Winterball, Grafiken oder Trikotbeflockung: Viele weitere Schwierigkeiten für farbenblinde Fußballfans

Aber nicht nur der fehlende Kontrast zwischen Trikotfarben war in der vergangenen Saison für farbenblinde Fans schwierig: Die Trikotbeflockung wies bei einigen Teams einen zu geringen Kontrast zum Hintergrund auf und wurde somit auch für normalsichtige Zuschauende oder Reportierende zum Problem, da Nummern und Name nur schwer oder gar nicht erkennbar waren. Auch die farbliche Gestaltung von grafischen Elementen in TV-Übertragungen, wie Platzverweise und Statistiken, sind oft nicht ausreichend kontrastreich gestaltet oder wären mit besserer Symbolik inklusiver. Dies führt dazu, dass Informationen für farbfehlsichtige Personen schwer erkennbar sind. In der 2. Bundesliga wurde im Hamburger Stadtderby zeitweise mit dem orange-roten Winterball auf grünem Rasen gespielt – das Spielgerät ist hierbei nicht mehr zu erkennen.

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Foto: Screenshot bundesliga.com / DFL

Orange-Roter Winterball auf grünem Rasen: Mit Rot-Grün-Schwäche ist das Spielgerät nicht zu sehen – ein Verfolgen des Spielgeschehens schwer möglich.

Vor Ort im Stadion zeigen farbig gekennzeichnete Platzbereiche, Wegeleitsysteme oder kontrastarme Kleidung vom Ordnungspersonal, dass die Probleme Personen im Stadion ebenso betreffen wie vor den TV-Geräten.

Bei einigen Spielen trugen die gegeneinander antretenden Mannschaften eine ähnliche, lediglich umgedrehte Farbkombination bei Trikot und Hose/Stutzen. Ein Beispiel hierfür ist das Spiel FC Bayern München gegen den 1. FC Köln, bei dem beide Mannschaften in Rot und Weiß spielten: Der FC Bayern München in weiß-rotem Trikot und roter Hose/Stutzen - der 1. FC Köln in weißem Trikot und roter Hose/Stutzen. Diese umgekehrten Farbkombinationen sind nicht wegen des Kontrastverhältnisses problematisch, können aber auch für normalsichtige Zuschauende irritierend sein.

Lösungen sind bei Clubs überwiegend vorhanden

Dabei gibt es eine einfache Lösung für die Trikotproblematik: Zwischen der Spielkleidung der beiden Teams muss ein eindeutiger Helligkeitskontrast gegeben sein. Es muss ein jeweils klar dunkles gegen ein klar helles Trikot bzw. Spielkleidungsstück gespielt werden. Bei mindestens 3 verschiedenen Trikotsätzen sollte immer ein Satz vorhanden sein, der gegen die gegnerische Mannschaft spielbar ist. Lediglich bei fünf von 36 Teams gibt es hier größere Probleme, wo eindeutig helle und dunkle Trikots fehlen. Bei acht Teams gibt es Trikots, bei denen der Kontrast von Rückennummer und Name zum Trikothintergrund zu gering ist.

Das überwiegend bereits Vorhandene muss daher nur richtig und bewusst angewendet werden. Es bedarf hier keinerlei Neuerfindungen oder größere Änderungen. Und Vereinsfarben stehen in keinem Fall zur Debatte.

Fazit der Saisonanalyse 2023/24

Die Zahl der für Farbenblinde problematischen Spiele hat in der 1. und 2. Bundesliga zugenommen, wobei fehlende Hell-Dunkel-Kontraste weiterhin das größte Hindernis darstellen. Erste positive Entwicklungen, wie Trikotwechsel für betroffene Spieler, zeigen jedoch ein wachsendes Bewusstsein. Fans haben diese Anpassungen größtenteils positiv aufgenommen, und der Bedarf an klaren Trikotdesigns und eindeutigem Helligkeitskontrast bei gegnerischen Teams bleibt hoch.

Eine detaillierte Auswertung der Analyse und weitere Hintergründe können beim IFFarb angefordert werden. Der IFFarb setzt sich für einen bewussten Umgang mit Farbfehlsichtigkeit ein. Der Verband vertritt als Interessenvertretung die Bedürfnisse und Interessen von farbenblinden und farbsehschwachen Menschen. Wir stehen Fans, Vereinen und Verbänden für Austausch und Unterstützung zur Verfügung und unterstützen das BBAG-Positionspapier zum Umgang mit Farbfehlsichtigkeit im deutschen Profi-Fußball.

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Markus Stahmann ist einer der Gründer von Farbsehschwaeche.de. Der Webentwickler aus Oldenburg möchte mit der Plattform für mehr Bewusstsein für die Problematik werben und das Thema mehr der Öffentlichkeit präsentieren.

Thomas Vogel stieß kurz nach der Gründung von Farbsehschwaeche.de dazu. Im normalen Leben ist er Ingenieur, wohnt ihn Herzogenaurach und möchte aktiv daran mitwirken, dass die Erfordernisse von Farbsehschwachen im täglichen Leben berücksichtigt werden. Bevor er in die Industrie wechselte, war er an der "Erlangen Graduate School in Advanced Optical Technologies" und kennt sich daher ein bisschen mit den physikalischen Hintergründen aus.